Als Thomas Plappert und seine Ehefrau Isabelle Behrendt zu einem Netzwerktreffen für junge Notfallmediziner einluden, standen sie noch ganz allein da. Jetzt – 15 Jahre später – können der medizinische Leiter des Malteser Rettungsdienstes Hessen, die niedergelassene Hausärztin sowie der Internist Lars Lomberg eine Erfolgsgeschichte erzählen: Aus ihrem Netzwerktreffen ist eine Bewegung geworden, die mehrere tausend Ärzte mit innovativen Bildungsangeboten erreicht hat. Dafür hat sie die Deutsche Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) im Mai mit dem David Williams Award ausgezeichnet.
Mangelnde Professionalisierung
„Unsere Gesellschaft wird durch das Fortleben und die Fortentwicklung der Ideen, die die drei eingeführt haben, massiv mitgestaltet“, sagte Martin Pin, Präsident der DGINA, bei der Preisverleihung in Bielefeld. Doch wie ist der Stein eigentlich ins Rollen gekommen? „Als junge Assistenzärzte haben wir selbst erlebt, wie es ist, ohne große Erfahrung in einer Notaufnahme in Deutschland zu starten“, berichtet Plappert, der bis heute als Notarzt für die Malteser im Einsatz ist. Die Mediziner würden ins kalte Wasser geworfen – ohne den nötigen breiten Blick zu haben. Daran wollten er und seine Frau etwas verändern. Dass es anders geht, hatten sie zum Beispiel während ihrer Zeit am Inselspital im schweizerischen Bern gesehen: „Im Ausland hat schon lange eine Professionalisierung stattgefunden und es gibt Fachärzte für Notfallmedizin.“ So gründeten sie gemeinsam mit Lars Lomberg die Young DGINA mit dem Ziel, für ein eigenständiges Fachgebiet „Notfallmedizin“ in Deutschland zu sensibilisieren und die Ausbildungsbedingungen in allen Bereichen der Notfallversorgung zu optimieren.
Raus aus dem Schatten
„Eine vorgeschriebene Mindestqualifikation für Ärzte in einer Notaufnahme gibt es in Deutschland bis heute nicht“, sagt Plappert. Auf dem Weg dorthin ist das Netzwerk aber ein gutes Stück vorangekommen. „Mit innovativen Kursformaten wie Notfallmedizinkurs.de haben sie viele junge – und damals teils noch orientierungslose – Nachwuchskräfte inspiriert und gefördert, die sich heute wiederum selber in der DGINA engagieren“, erklärt der DGINA-Präsident. Neben Kursangeboten haben die „Youngsters“ vor allem eines geschaffen: „Wir geben jungen Medizinerinnen und Medizinern eine Bühne“, erläutert Plappert. Hier stehen sie nicht im Schatten von erfahrenen Professoren, sondern haben den Raum, ihre Forschungsvorhaben und -erkenntnisse zu präsentieren. Besonders die Frauenförderung liegt den drei Gründern am Herzen. Bis heute sind sie als Mentoren im Netzwerk aktiv und sind immer wieder überrascht, welch guten Ideen dort entstehen. So haben sie jüngst beispielsweise den „Notfallguru“ begleitet. Ein Nachschlagewerk für Notfallmediziner, das in jeden Arztkittel passt. „Das hätten wir beim Start in der Notaufnahme auch gut brauchen können“, sagt Plappert. Und ein wenig Stolz schwingt auch in seiner Stimme mit.
Der David Williams Award
Mit dem David Williams Award ehrt die DGINA seit 2014 herausragende Leistungen in der fachübergreifenden Notfallmedizin. Benannt ist die Auszeichnung nach Dr. David Williams, der vor fünfzig Jahren als Pionier der britischen Notfallmedizin maßgeblich an der Einführung eines Facharztes für Notfallmedizin beteiligt war. Damit legte er einen der Grundsteine für die Professionalisierung der notfallmedizinischen Versorgung. Der Award soll an diese herausragende Leistung erinnern und ist mit der Verleihung von einer Gold- bzw. von Silbermedaillen verbunden.